Warum HR im Mittelstand oft zu sehr im Verwaltungsmodus festhängt
In den meisten KMU sind HR-Teams klein. Oft ist es eine einzelne Person, die gleichzeitig und sehr generalistisch Recruiterin, Personalentwicklerin, Betreuerin oder Krisenmanagerin ist. Allein dafür bräuchte der Arbeitstag manchmal schon 16 anstatt 8 Stunden.
Die Folge: Das Hamsterrad läuft auf Hochtouren und es bleibt kaum oder gar keine Zeit, sich mit strategischen Fragen zu beschäftigen, die HR, sind wir ehrlich, ohnehin viele zu selten gestellt werden.Typische Gründe dafür sind:
Das Tagesgeschäft frisst alle Ressourcen. Die Ausstattung mit digitalen Systemen und Prozessen ist oft nicht optimal.
Die Geschäftsführung sieht HR eher als „Dienstleister“, nicht als Sparringspartner. Und die Anfrage nach Unterstützung kommt oft erst, wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“.
Strategische Themen werden an andere Bereiche ausgelagert (z. B. an externe Berater).
HR selbst hat nie gelernt, in „Business-Sprache“ zu argumentieren.
Und wenn erst einmal alles „eingespielt“ ist, ist es gar nicht mehr so einfach, die Rolle, sich selbst und das eigene Verhalten zu ändern.
Das Ergebnis: HR ist reaktiv statt proaktiv – obwohl gerade in Zeiten von großen Umbrüchen, wirtschaftlichem Druck einerseits, weiter bestehendem Fachkräftemangel in bestimmten Bereichen andererseits, Digitalisierung und Kulturwandel genau das gebraucht wird.
Der Perspektivwechsel: Von der Verwaltung zur Gestaltung
Strategisch wirksames HR beginnt mit einer inneren Haltungsänderung. Und zwar bei HR selbst. Denn ich kann nur mich selbst, aber niemals andere ändern.
D. h. nicht warten, bis jemand fragt, sondern selbst loslegen. Das hört sich leichter an als es ist, aber es geht! Wie: raus aus der oft gar nicht so angenehmen Komfortzone und in kleinen Schritten anders vorgehen:
Das bedeutet z. B. konkret:
Fragen anders stellen. HR fragt neuerdings: „Was braucht das Unternehmen, um seine Ziele zu erreichen?“
(nicht nur: „Wie können wir Prozesse effizienter machen?“)
HR versteht sich als Business Partner, nicht als Support-Abteilung, selbstbewusst und kompetent.
HR liefert Impulse, Daten und Perspektiven, die Entscheidungen für das gesamte Unternehmen verbessern.
Ein Beispiel:
Ein Produktionsunternehmen plant, eine neue Maschinenlinie einzuführen.
Traditionell würde HR erst eingebunden, wenn neue Mitarbeitende eingestellt oder Schulungen organisiert werden müssen.
Ein gestaltendes HR ist jedoch von Anfang an dabei:
Wie verändern sich Rollen? Welche Qualifikationen braucht das Team?
Wie kann neues Wissen frühzeitig aufgebaut und vorhandenes Wissen zielgerichtet bewahrt werden?
Welche Herausforderungen bringt das für Führungskräfte und wie begleiten wir diese in diesem Wandel?
Das ist keine Wichtigmacherei sondern ein strategischer Wertbeitrag!
Drei Schritte zu mehr HR-Wirksamkeit in KMU
Schritt 1: Fokus schaffen
Wer alles macht, verändert nichts. Das ist gerade in generalistischen Rollen eine Herausforderung.
Aber es wird nicht anders gehen: Schaffe dir bewusst und konsequent Raum für Themen, die Wirkung entfalten.
Automatisiere oder delegiere wiederkehrende Prozesse (z. B. Onboarding, Vertragserstellung).
Plane feste Zeitfenster für Strategiearbeit – auch wenn es nur 2 Stunden pro Woche sind.
Setze Prioritäten nach Unternehmensrelevanz, nicht nach Dringlichkeit.
Frage an dich:
Womit verbringst du aktuell 80 % deiner HR-Zeit – und was davon zahlt wirklich auf die Zukunft ein?
Schritt 2: Sprache und Wirkung verändern
Viele Geschäftsführungen verstehen HR nicht, weil HR in „HR-Sprache“ spricht.
Verwende die Begriffe, die in der Unternehmensleitung zählen: Wertschöpfung, Risiko, Produktivität, Fluktuationskosten.
Ein Beispiel:
Statt „Wir wollen mehr in Mitarbeiterentwicklung investieren“
sage:
„Wenn wir unsere Fluktuation um 5 % senken, sparen wir jährlich rund 75.000 Euro – durch gezielte Entwicklungsprogramme.“
Das überzeugt und zeigt Wirkung.
Schritt 3: Sichtbar machen, was HR bewirkt
Getreu nach dem Motto „tue Gutes und rede darüber“, gilt es auf die Erfolge, die HR erzielt, aufmerksam zu machen.
Strategisches HR bedeutet auch, den eigenen Beitrag messbar zu machen.
Das kann ganz einfach beginnen:
Fluktuationsquote
Bewerbungsqualität
Time-to-Hire
Schulungsstunden pro Mitarbeitenden
Ergebnisse aus Zufriedenheitsumfragen
Nicht als Selbstzweck, sondern als Beleg für Wirksamkeit.
So entsteht Vertrauen – und HR wird als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen.
Was sich verändert, wenn HR gestaltet
Wenn HR Verantwortung übernimmt, passiert noch Weiteres:
Entscheidungen werden menschlicher und dadurch nachhaltiger.
Mitarbeitende fühlen sich gesehen und eingebunden. Das stärkt die Bindung ans Unternehmen und senkt Fluktuationskosten.
Führungskräfte werden entlastet, weil HR Impulse gibt statt Aufgaben übernimmt.
Das Unternehmen wird flexibler, lernfähiger und entwickelt sich weiter.
Kurz gesagt: HR wird zum Veränderungsmotor.
Fazit: Wirkung beginnt mit Haltung
Vom Verwalter zum Gestalter zu werden, ist kein Titel – es ist eine Haltung.
Eine Entscheidung, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn man (noch) nicht gefragt wurde.
Transformation braucht Menschen, die hinschauen, verstehen und gestalten. Auch wenn die Bedingungen nicht ideal sind.
Wenn du diese Rolle einforderst, mutig auftrittst und sichtbar machst, welchen Wert du stiftest dann wirst du nicht nur gehört, sondern gebraucht.
Reflexionsimpuls
Welche drei Dinge könntest du in den nächsten vier Wochen bewusst gestalten, statt sie nur zu verwalten?